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112 Newsletter vom 14. Januar 2021

Liebe Leserinnen und Leser,

wie vor Weihnachten angekündigt, kehrt dieser Newsletter nach den Feiertagen wieder zum Donnerstag als regelmäßigem Tag des Erscheinens zurück. Insoweit werde ich in der Folge bei verschiedenen Parametern ausnahmsweise an Stelle des üblichen 7-Tage-Vergleichs einmalig einen 9-Tage Vergleich anstellen, was aber der Aussagekraft der einzelnen Betrachtungen keinen Abbruch tut.

Heute, Donnerstag, 14.01.2021, 08:00 Uhr, verzeichnen wir in Bayern 366.702 bestätigte COVID-19-Infektionen. Im Vergleich zum Dienstag der letzten Woche, bis zu dem 337.320 Infektionen gezählt worden waren, sind dies 29.382 Fälle mehr. Für die zurückliegenden neun Tage ergibt sich daraus ein rechnerischer Schnitt von ca. 3.265 Neuinfektionen. Für die 15 vorangegangenen Wochen lagen die Vergleichswerte bei 3.143, 3.203, 3.912, 4.172, 3.638, 3.475, 3.606, 3.432, 3.597, 2.918, 2.153, 1.243, 652, 372 bzw. 327. Eine Trendumkehr ist insoweit immer noch nicht zu verzeichnen, allenfalls eine Stabilisierung auf zu hohem Niveau. Wir sind jedenfalls noch lange nicht da, wo wir schon mal waren und wieder hinwollen. Ein ebenfalls nicht günstigerer Befund ergibt sich für den Bund mit im Schnitt 21.000 Neuinfektionen pro Tag, nach etwa 17.000 und 15.000 in den feiertagsgeprägten Vorwochen. Klarheit, wie sich die Verlaufskurve weiterentwickelt, werden erst die Evaluierungen der nächsten Wochen bringen. Schon jetzt kann man aber sagen, dass auch dann kein Anlass für Übermut bestehen wird.

Und wo steht Bayern im Ländervergleich? Heute liegt der Freistaat auf Platz sieben, nach Platz vier in den Vorwochen. An der ungeliebten Spitze steht nunmehr unser nördlicher Nachbar Thüringen mit einer 7-Tage-Inzidenz von 310,4 (Vorwoche 242) und verweist den bisherigen Spitzenreiter Sachsen (292,4 nach 299) auf Platz 2. Auf Platz 3 findet sich mit leider steil steigender Inzidenzkurve Sachsen-Anhalt mit 241 (177) und Vierter ist aktuell Brandenburg mit 212,3. Hinter Berlin mit 180,4 reiht sich nunmehr das Saarland mit 160,1 ein und muss insoweit nach einem Inzidenzwert von 87 letzte Woche und Platz 14 jetzt ebenfalls eine rasante Verschlechterung hinnehmen. Der für Bayern zu konstatierende Wert von 159,6 liegt nur mehr knapp jenseits des im Wochenverlauf von 135 auf 151,2 angestiegenen Bundesdurchschnitts. Insgesamt hat es somit den Anschein, dass die Welle aktuell sich von Süden nach Norden und Osten hin aufbaut und jetzt insbesondere in den Gegenden Deutschlands mehr und mehr wütet, die im Frühjahr noch vergleichsweise glimpflich davongekommen waren. Im Vergleich der Länder verbessert sich die Lage Bayerns langsam aber stetig.

Ein weiteres Kernelement der statistischen Betrachtungen dieser Pandemie ist die Positivrate, also die Zahl der laborpositiven Tests im Verhältnis zu deren Gesamtzahl. Die Positivrate lag in Bayern in den zurückliegenden Tagen bei Werten zwischen 6,6 und 8,1 Prozent (Vorwoche: 8,7 und 10,4 Prozent). Auch diese Spanne bewegt sich im Rahmen dessen, was wir seit Wochen sehen und auch an dieser Stelle deutet einiges auf Stagnation hin.

In Bayern sind an oder mit einer Corona-Infektion mittlerweile 8.407 Personen verstorben. Das sind im Vergleich zum Dienstag vor einer Woche 1.210 oder pro Tag 134,4 Sterbefälle mehr, nach 107,7 bzw. 89,9 Sterbefällen pro Tag in den Wochen davor. Wenn man zu diesen Zahlen überhaupt etwas Positives feststellen will, dann ist es dies, dass wir in den zurückliegenden neun Tagen bei den TagesEINZELwerten kein neues All Time High verzeichnen mussten. Anders bei den TagesDURCHSCHNITTSwerten; 134,4, das hatten wir noch nie und man kann nur inständig hoffen, dass wir sehr bald zumindest zu einer Plateaubildung kommen, ehe der Trend nachhaltig ins Positive dreht.

Einen ersten Hoffnungsschimmer liefert hierfür die Zahl der akut an COVID-19 Erkrankten. Das sind aktuell in Bayern 53.900 Personen (Vorwochen 59.220, 63.550, 67.710, 65.720, 60.300, 58.600, 56.840, 52.970, 45.780, 34.420, 23.100 bzw. 13.190) und damit im Vergleich zum Dienstag vor einer Woche 5.320 weniger. Das ist erfreulich, weil erfahrungsgemäß die Schwerkranken sowie die Versterbenden stets in gewisser zeitlicher Verzögerung die Entwicklungen bezüglich der symptomatisch Erkrankten nachvollziehen. Zumindest ganz leicht verstärkt besagten Hoffnungsschimmer auch die Situation in den Kliniken. Stand heute liegen von den 53.900 erkrankten Personen 4.809 in einer Klinik (in den Vorwochen 5.363, 5.550, 5.276, 5.065, 4.663, 4.015, 3.730, 2.626, 2.243, 1.751, 1.072, 614, 328, 243, 213, 215 bzw. 166). Von diesen befinden sich 3.937 auf einer Normalstation und 872 (in den Vorwochen: 937, 969, 902, 860, 791, 726, 683, 530, 491, 367, 151 bzw. 100) auf „Intensiv“. Wir haben also auch bei diesen Parametern eine jedenfalls stabile Lage, die erste Anzeichen einer zarten Tendenz der Verbesserung zeigt.

Darüber hinaus hätten wir in bayerischen Kliniken noch ca. 300 Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit frei und weitere 575 Betten dieser Qualität könnten kurzfristig für COVID-Patienten mobilisiert werden. Auch wenn da und dort wie etwa aktuell im Raum Passau die Kliniken unter Volllast laufen, so stehen derzeit genügend Kapazitäten bereit, um eventuelle örtliche Belastungsspitzen durch regionale Umsteuerung der Patienten aufzufangen. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass die Kliniken und die Ärztlichen Leiter FüGK hervorragend zusammenarbeiten und hierbei die Ressourcen über die beiden Hauptstellschrauben „verschiebbare Operationen Corona-orientiert planen“ sowie „neu einzuliefernde COVID-Patienten bei drohender Überlast regional umverteilen“ hochprofessionell und punktgenau steuern. Hierfür danke ich allen Beteiligten von Herzen und kann feststellen, dass die besonderen Instrumente des Katastrophenfalles, die solche Steuerungen erst erlauben, gut funktionieren.

Lassen Sie uns nun noch kurz das Augenmerk auf die lokalen Entwicklungen richten. Hinsichtlich der absoluten Werte der 7-Tage-Inzidenz sehen wir in dieser Woche erneut die Spitze in Oberfranken, jedoch nicht mehr bei der kreisfreien Stadt Coburg, sondern dem Landkreis Wunsiedel mit einem Wert von 291,8 (336). Knapp dahinter folgt die oberfränkische Bezirkshauptstadt Bayreuth mit einem Wert von 282,2 vor dem ebenfalls oberfränkischen Landkreis Kronach mit einem Wert von 275,7. Überhaupt fällt auf, dass Oberfranken derzeit besonders gebeutelt wird. Denn unter den ersten zwölf der Liste finden sich mit dem Landkreis Kulmbach auf Platz 8 (259,9), dem Landkreis Lichtenfels auf Platz 9 (259,1) der Stadt Coburg auf Platz 11 (253,2) und der Stadt Hof auf Platz 12 (248,8) vier weitere Gebietskörperschaften unter den top twelve. Der Regierungsbezirk scheint in die Zange genommen von einer sich auch innerhalb Bayerns von Süd nach Nord aufbauenden Welle, zudem von Hotspot-Nachbarn wie Thüringen und Sachsen im Norden und Tschechien im Osten. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat die Situation im Blick und sollte externe Unterstützung nötig werden, ist diese massiv zu leisten.

Bildet man Cluster, dann liegt aktuell keine Gebietskörperschaft mehr jenseits der 300er- oder gar der 400er-Marke, wo sich letzte Woche noch insgesamt neun Gebietskörperschaften fanden. Oberhalb einer 7-Tage-Inzidenz von 200 und damit eines Grenzwertes, der verschärfte Mobilitäts- und damit Kontaktbeschränkungen auslöst, reihen sich aktuell 31 Gebietskörperschaften ein, nach 16 letzte Woche. Zwischen 100 und 200 liegen weitere 50 Landkreise bzw. kreisfreie Städte, alle anderen liegen zwischen 54,7 – so der Landkreis Spessart in Unterfranken, der aber möglicherweise von einem Erfassungsproblem profitiert hat – und 99,2 für die Stadt Schweinfurt, ebenfalls in Unterfranken. Und was sagt uns das alles nun? Entsprechend meiner generell positiven Grundstimmung eines stets halbvollen und nie halbleeren Glases lese ich auch aus diesen Veränderungen im Wochenvergleich einen weiteren Hoffnungsschimmer heraus. Denn auch in den obersten Regionen der 7-Tage-Inzidenzen gehen die Zahlen nicht mehr geradezu exponentiell durch die Decke. Extreme zeigen sich deutlich moderater. Insgesamt scheint der Druck im Kessel etwas zu sinken. Dies schließt aber nicht aus, dass wir regional sehr herausfordernde Lagen haben. Wie hat es heute ein Mitarbeiter so treffend formuliert: Man kann die Sturmwarnung vielleicht um eine Stufe zurückschalten, aber wir haben immer noch Sturmwarnung.

Themenwechsel. Vermehrt haben mich diese Woche Berichte erreicht, wonach zahlreiche Menschen aus Tschechien in grenznahe bayerische Gebiete fahren würden, um dort einzukaufen. Dies sehe ich in der derzeitigen Situation ausgesprochen kritisch, zumal bei unseren östlichen Nachbarn die zweite Welle mit enormer Wucht grassiert. Das Land hatte bei etwa 10,6 Mio. Einwohnern am 7. Januar knapp 17.800 Neuinfektionen zu verzeichnen (aktuell ca. 11.000). Zum Vergleich: Bayern hatte am selben Tag bei 13 Mio. Einwohnern 3.529 Neuinfektionen registriert. Ich darf hierzu die Rechtslage klar benennen: Zwar nimmt die seit heute in Kraft befindliche Coronavirus-Einreiseverordnung des Bundesgesundheitsministers nach einer Einreise aus einem Risikogebiet Kurzfristaufenthalte bis zu 24 Stunden von der Pflicht zur Vorab-Onlineanmeldung und der Vorlage eines negativen Corona-Testergebnisses aus, sofern es sich nicht um Hochrisikogebiete handelt oder die aus Großbritannien kommende Mutante grassiert. Beides könnte man für Tschechien ggf. annehmen. Wie auch immer: Diese Bundesverordnung lässt Landesregelungen zur Quarantänepflicht ausdrücklich unberührt und so gilt die Bayerische Einreisequarantäneverordnung, die eine entsprechende Privilegierung ausdrücklich nicht kennt, mit der Folge, dass auch ein nur kurzes Shoppingvergnügen vollumfänglich die Pflicht zur Quarantäne auslöst. Ich habe die Polizeipräsidien angewiesen, derlei Sachverhalte verstärkt zu kontrollieren und einschlägige Verstöße konsequent zur Anzeige zu bringen. Es droht ein Bußgeld von 500 Euro pro Betroffenem.

Liebe Leserinnen und Leser, es besteht der begründete Verdacht, dass die jüngst unter anderem in Irland, Großbritannien und bei unserem direkten Nachbarn Tschechien wieder massiv ansteigenden Infektionszahlen mit der erstmals im Vereinigten Königreich identifizierten Mutation des COVID-19-Virus im Zusammenhang stehen könnten. Dieser Mutation wird eine um ca. 50 Prozent erhöhte Ansteckungsgefahr zugerechnet. Gelegentlich höre ich, dies sei nicht so schlimm, weil es keinerlei Hinweise darauf gebe, dass dies im Einzelfall einen schwereren Krankheitsverlauf auslöse als die bisher dominierende „Standard-Variante“ von Sars-CoV-2. Letzteres ist nach allem, was wir heute wissen, für sich genommen zwar richtig. Diese Einschätzung darf uns jedoch nicht zu falschen Schlussfolgerungen führen und in falscher Sicherheit wiegen. Denn eine erhöhte Corona-Ansteckungsgefahr wird in der Folge zu gleichermaßen mehr Infektionsfällen pro Zeiteinheit, etwa pro Tag oder Woche, führen. Daraus werden bei einem ungebremsten Geschehen unweigerlich auch im Vergleich zur bisherigen Situation anteilig erhöht schwere Krankheitsverläufe, Hospitalisierungen, intensivmedizinische Behandlungen und Sterbefälle erwachsen. Sollte also diese oder eine ähnlich verbreitungsfreudige Mutation bei uns zur vorherrschenden Corona-Variante werden, dann werden die Belastungen für das Gesundheitssystem nicht nach und nach weniger, sondern deutlich mehr werden. Dies gilt es unbedingt zu verhindern, weil sich sonst die oben mühsam hergeleiteten Hoffnungsschimmer umgehend verflüchtigen werden.

Deshalb begrüße ich es sehr, dass der neuen Variante und den mit ihr einhergehenden Wirkungen ab sofort in zweierlei Hinsicht verstärkt auf den Grund gegangen wird. Zum einen müssen wir schnellstmöglich herausfinden, wie weit verbreitet die mittlerweile ca. 20 Varianten sind. Wir brauchen also, wie es Polizei und Katastrophenschutz ausdrücken würden, ein exaktes Lagebild. Das lässt sich mit den herkömmlichen Antigen-Schnelltests bzw. den PCR-Tests jedoch nicht gewinnen, denn diese prüfen allein, OB in einer Probe Viren der Kategorie Sars-CoV-2 nachgewiesen werden können, nicht jedoch, um WELCHEN Subtyp es sich handelt. Oder um es mit einer Metapher zu verdeutlichen: Diese Tests können gleichsam nur feststellen, ob in Abgrenzung zu LKW, Bussen und Straßenbahnen ein PKW vorhanden ist, nicht aber, welche Marke oder welchen Typs dieser ist. Für besagtes Lagebild müssen wir aber unbedingt „die Marke“ bzw. „den Typ“ des Virus wissen.

Dies geht allein mit der wesentlich aufwändigeren Methode der Sequenzierung des Erbgutes (Genom) des Virus. Sequenzierung bedeutet, dass man im Genom des Virus nach definierten Abschnitten sucht, in denen sich bestimmte und dabei stets gleichartig wiederkehrende Abfolgen molekularer Strukturen finden, die allein die fragliche Mutation kennzeichnen und insoweit für die Mutation ein Alleinstellungsmerkmal bilden. Im Grundsatz ähnelt die Methode der aus der forensischen Kriminalistik bekannten DNA-Analyse. So gut, ja geradezu führend wir in Deutschland bei der forensischen DNA-Analyse sind, so wenig gilt dies bisher für die Sequenzierung von Sars-CoV-2. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit als erstes „Landesgesundheitsamt“ in Deutschland initiativ geworden ist und bereits die Kooperation mit einem hoch renommierten Genlabor sucht.

Zum anderen muss schnellstmöglich erforscht werden, was die Mutation um etwa 50 Prozent infektiöser macht als die Standardvariante. Vermehrt sie sich schneller und produziert deshalb eine höhere Virenlast, die sich dann im Vergleich höher konzentriert über Aerosole auf einen potentiellen Wirt einprasselt und deshalb „erfolgreicher“ von einem Menschen auf einen anderen überspringen kann? Oder gelingt es der Mutation leichter, in den Körper eines Menschen einzudringen, etwa, weil es leichter vorhandene Sperren z.B. über die Augenschleimhäute überwinden kann? Oder ist es einfach „nur“ irgendwie agiler“? Oder, oder, oder??? Wir brauchen dringend Antworten auf diese Fragen, weil davon abhängt, wie wir uns effektiver schützen können, etwa mittels Schutzmasken höherer Klassen. Auch diesbezüglich wird in den virologischen Laboren des Landes mit Hochdruck gearbeitet, aber es wird sicherlich eher eine Frage von ein paar Wochen als von Tagen sein, bis wir hier klarer sehen.

Auch, aber nicht nur vor diesem Hintergrund kann es jedenfalls nicht schaden, dass nach dem Beschluss des Ministerrates vom Dienstag ab dem 18. Januar im öffentlichen Personennahverkehr und im zulässig geöffneten Einzelhandel das Tragen von FFP-2-Schutzmasken verpflichtend ist. Hiervon generell ausgenommen sind Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, die derlei Masken nicht tragen müssen, aber natürlich tragen dürfen.

Für Menschen in einer sozialen Härte, die sich die höherwertigen, weil in beide Atemrichtungen schützenden und deshalb auch im Vergleich zu einfachen OP-Masken teureren Masken nicht leisten können, werden insgesamt 2,5 Millionen Gratismasken bereitgestellt. Diese werden kommende Woche an die Landratsämter und kreisfreien Städte ausgeliefert und von diesen an Leistungsbezieher nach den Sozialgesetzbüchern II und XII sowie Obdachlose verteilt.

Des Weiteren hat sich der Ministerrat am vergangenen Dienstag mit dem Impfkonzept und dem Stand der Umsetzung befasst. Wie Sie sich sicher vorstellen können, ist dieses in all seinen Facetten außerordentlich umfangreich und komplex, sodass ich es hier bei einigen wenigen Aspekten belassen muss. Mit Blick auf die Organisation der Impfungen sind nach wie vor alle 100 Impfzentren einsatzbereit. Diese organisieren aktuell zum einen den Einsatz der mobilen Impfteams, die hauptsächlich impfbereite Seniorinnen und Senioren ab 80 versorgen, soweit diese in Alten- oder Pflegeheimen leben. In diesem Zusammenhang erreichen mich nach wie vor Briefe, wie es denn zu rechtfertigen sei, dass ausgerechnet die besonders alten Menschen zuerst geimpft würden, wo doch diese – so der unterschwellige Tenor – ohnehin den größten Teil ihres Lebens gelebt hätten. Vielmehr sei es vordringlich, jüngere Menschen zuerst zu impfen, denn der von diesen noch zu erwartende volkswirtschaftliche Beitrag sei ungleich größer, und obendrein hielten sie die Wirtschaft am Laufen.

Um es ganz deutlich zu sagen. Derlei „Nützlichkeitsüberlegungen“ können in keinem von Humanität geprägten Staatswesen, das den Prinzipien eines sozialen Rechtsstaates verpflichtet ist, den Maßstab dafür bilden, welche Bevölkerungsgruppe prioritär zu impfen ist. Für Deutschland mit seiner besonderen Geschichte gilt dies schon gleich gar. Jedes Menschenleben hat denselben Stellenwert und so kann sich, nachdem nicht sämtliche Impfwilligen gleichzeitig geimpft werden können, die Priorisierung allein aus dem Risikopotenzial ergeben, das mit einer Nichtimpfung einhergeht. Und hier tragen hoch Betagte, die in aller Regel auch deshalb im Heim leben, weil sie gesundheitlich besonders hinfällig sind, das größte Risiko, an Corona zu versterben. Deshalb werden zunächst sie geimpft, ehe nach und nach die tendenziell weniger Gefährdeten an der Reihe sind. Übrigens: Die Entscheidung über die konkrete Vornahme der Impfung ist keine Frage guter Kontakte zum Landrat oder was da gelegentlich so alles behauptet wird, sondern obliegt allein den Ärztlichen Leitern der Impfzentren, die ausschließlich nach medizinischer Beurteilung entscheiden.

Zu dem Grundsatz „Vorrang für besonders Vulnerable“ steht nicht im Widerspruch, dass auch naturgemäß lebensjüngere Menschen Impfprio 1 haben, die als medizinisches oder pflegendes Personal in Alten- und Pflegeheimen, auf Intensivstationen und in Notaufnahmen von Kliniken etc. arbeiten. Denn sie sind in besonderem Maße berufsbedingt einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt. Fiele dieser Personenkreis Corona-bedingt weitreichend aus, würde dies unweigerlich zu einer enormen Belastung für das Gesundheitswesen oder gar dessen Kollaps führen, wodurch zahlreiche Menschenleben gefährdet wären.

Zum anderen bereiten sich die Impfzentren darauf vor, den stationären Betrieb bis hin zur Volllast hochzufahren, sobald dies die Impfstoffversorgung zulässt. Auch diesbezüglich ist die Situation keineswegs so schlecht, wie es nicht selten von denselben Kritikern dargestellt wird, die noch vor Wochen vor einem schnellen Impfbeginn gewarnt hatten. Neben den mobilen Impfungen hat, je nach den örtlichen Gegebenheiten, in einzelnen Impfzentren auch bereits der stationäre Betrieb begonnen. Stand heute haben wir insgesamt gut 331.000 Impfdosen erhalten und es wurden bereits mehr als 174.000 Menschen in Bayern erstgeimpft. Für die Zweitimpfungen haben wir aktuell knapp 100.000 Impfdosen auf Reserve, die darüber hinaus auf die Gesamtzahl bestehende Differenz ist für die Impfungen morgen und über das Wochenende verplant. Bezogen auf die Bevölkerung liegt Bayern damit im Vergleich aller Bundesländer auf Platz 2. Weil ich weiß, dass das Thema Impfen für viele Menschen eminent wichtig ist, werde ich Sie ab sofort mit diesem Newsletter regelmäßig über das bayerische Impfgeschehen informieren.

Die Zahl der Geimpften wird schnell steigen, weil zum einen der Nachschub an Impfstoff mit einer sich immer mehr einspielenden Logistik und zusätzlichen Produktionskapazitäten der Hersteller Biotech/Pfizer stärker rollen wird. Insgesamt gesehen können wir für Bayern im ersten Quartal bei steigender Tendenz wöchentlich ca. 100.000 bis 110.000 Impfdosen von Biontech/Pfizer erwarten. Dies erlaubt es den Verantwortlichen vor Ort, den Betrieb der Impfzentren zuverlässig zu planen und in einen – im besten Wortsinne – Routinebetrieb überzugehen, der dann auch die ab dem zweiten Quartal deutlich zunehmenden Liefermengen gut aufnehmen und in den Mann und die Frau bringen kann. Zudem werden zeitnah weitere Impfstoffe anderer Hersteller die Zulassung erhalten. So wurde gestern erstmals eine Charge des US-Herstellers Moderna in Bayern ausgeliefert. Dieser Impfstoff geht zunächst hauptsächlich an Kliniken zur Impfung des dortigen Personals. Moderna wird ab Beginn des zweiten Quartals wöchentlich gut 100.000 Impfdosen liefern und insoweit einen bedeutenden Beitrag zum Impfgeschehen in Bayern liefern. Und zum Dritten heben wir konsequent „stille Reserven“ im System. So befindet sich etwa in den Ampullen von Biontech/Pfizer so viel Impfstoff, dass nicht nur die zunächst empfohlenen fünf Einzeldosen gezogen werden können, sondern, weil „gut eingeschenkt ist“, aus der großzügig bemessenen Zugabe bei entsprechend genauer Abmessung eine sechste Dosis gewonnen werden kann. Zudem erlaubt es uns der verstetigte Nachschub an Impfstoff, die bisher für die nach drei bis sechs Wochen vorzusehende Auffrischungsimpfung, den sog. Booster, vorgehaltene Reserve deutlich zu reduzieren. Anstatt wie bisher die Hälfte einer jeden Lieferung für die Zweitimpfung zurückzulegen, gehen wir nun sukzessive auf eine Ausfallreserve von 50.000 Dosen und decken ansonsten den Auffrischungsbedarf aus den laufenden Lieferungen. Der Fortgang des Impfgeschehens hängt entscheidend von der rechtzeitigen Impfmotivation, Unterrichtung und Einladung der folgenden Zielgruppen ab. Im nächsten Schritt werden dies vor allem die zu Hause wohnenden Senioren 80+ sein. Deshalb werden die Kreisveraltungsbehörden die in Frage kommenden Menschen zeitnah brieflich anschreiben. In diesem Zusammenhang haben wir die melderechtliche Erlaubnis erteilt, aus den Einwohnermelderegistern die erforderlichen personenbezogenen Daten wie Namen und Adressen zu generieren.

Für das Terminmanagement haben wir eine leistungsstarke Software entwickeln lassen, über die sich Impfwillige anmelden können und in einem zweiten Schritt eine Aufforderung zur Terminvereinbarung erhalten werden. Es sind bereits 600.000 Menschen registriert.

Dies alles soll Ihnen einen kleinen Einblick in die Komplexität des Mega-Projektes „Wir impfen Deutschland und Bayern gegen Corona“ geben. Es ist begeisternd, in welch kurzer Zeit die Impfkampagne quasi aus dem Nichts bis zur Aufnahme des Wirkbetriebs geführt wurde. Natürlich kann man immer alles besser machen und hinterher ist man immer schlauer und konstruktive Kritik ist immer erwünscht. Aber allein um der Schlagzeilen und der Selbstdarstellung willen medienwirksam von einem „Impfchaos“ oder „Impfdesaster“ zu reden, wird der tatsächlichen Sachlage in keiner Weise gerecht und verhöhnt ein Stück weit die famose Leistung derer, die als öffentliche Verwaltung im Zusammenwirken mit Hilfsorganisationen, Medizinern, Forschern, Entwicklern und Unternehmen die Corona-Impfung aus dem Stand auf ein Niveau der Vorbereitung und Umsetzung gebracht haben, um den uns die allermeisten Staaten beneiden.

Mit der Nadelstichtaktik kommt der dauerhafte Erfolg – machen Sie mit, sobald Sie dran sind!

Mit besten Grüßen Ihr Joachim Herrmann, MdL Staatsminister